Riot Porn

Momentan sind ja goldenen Zeiten des Riot Porns. An vielen Orten kracht es ganz gewaltig. Barcleona, Hong Kong, Paris in der sogenannten Ersten Welt, dazu Aufstände in Santiago und Beirut in der sogenannten Dritten Welt, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Ein paar Gedanken meinerseits dazu:

Die politischen Hintergründe sind sehr unterschiedlich. Ein Riot ist nicht per se emanzipatorisch oder revolutionär. Und doch, bei manchen Diskussionen stört mich die Absolutheit, die Schwarz-Weiß-Malerei, die manche Linke dabei an den Tag legen. Sie schwenken zwischen Verdammung und Revolutionsromantik hin und her. Dass Problem bei dieser Sichtweise: Es gehen die Veränderungen, die Möglichkeiten und Gefahren, sowie die inneren Widersprüche verloren.

Ein paar Sachen werden so und so unsichtbar, wenn wir gebannt auf die brennenden Barrikaden, auf die Steine und Mollies sowie auf die Wasserwerfer und Knüppel auf der anderen Seite schauen. Ein Riot entsteht nicht im luftleeren Raum. Es braucht viel Vorarbeit, selbst bei spontanen Riots. Hunderte von Gesprächen, von mühsamen Diskussionen, Träume von einer anderen Welt, die mit anderen geteilt werden, Unsicherheiten und Ängste, die gemeinsam überwunden werden; sind notwendig. Genauso braucht es ganz praktische Dinge: Sich um die Verhaftete und Verletzte kümmern, sich um Familie, um die Kinder kümmern, etc. Das wird auf den Photos und Videos, auf die wir gebannt schauen, nicht sichtbar. Wir sollten es aber nicht vergessen.

Und schlussendlich das wichtigste: Es gibt eine Message, die praktisch alle Riot Porns senden: Die Dinge sind veränderbar, und wir können sie verändern. Normalerweise schauen wir ohnmächtig zu, wie sich das Machtverhältnis noch mehr in Richtung Macht und Reichtum verändert; wie Nationalismus und Rassismus bedient werden, um falsche Einheiten herzustellen; wie Polizei und Militär aufgerüstet werden, die Repression zunimmt, die Schnüffler*innen im staatlichen Auftrag mehr Rechte und Möglichkeiten bekommen, etc. Da ist es durchwegs schön zu sehen, dass zumindest in manchen Situationen das alles nichts hilft. Die Räumung des Hambacher Forts genauso wie der La ZAD ging phänomenal schief. Die Gilet Jaunes sind weiterhin unterwegs und von Zeit zu Zeit gelingt ihnen spektakuläre Aktionen wie die Besetzung eines Einkaufszentrums. Auch hier ging die polizeiliche Räumung ordentlich in die Hose. In Hong Kong hat der Staat keinen Plan, wie er mit der militanten Protestbewegung umgehen soll. In Algerien und Sudan führten Proteste sogar zum Sturz von Regierungen.

In diesem Sinne: Lassen wir uns von den Riot Porns anstecken! Es liegt an uns!
Ein kleines Lied hab ich dazu: