Medienkritik in fünf Zeilen

Die Massenmedien, die ich konsumiere (v.a. Standard & ORF), sind sichtlich bemüht, keine Fake News zu produzieren. Dadurch entsteht aber eine Schieflage der ganz anderen Art. Zu Wort kommen nur noch offizielle Sprecher*innen. Dissident*innen – und damit mein ich so etwas Harmloses wie die parlamentarische Opposition kommen so gut wie nicht mehr zu Wort. Sie machten sich dadurch auch zu willfährigen Werkzeugen der Angstmache der Regierung.

Da für Recherchen in Home-Office wenig Zeit, Geld und Möglichkeiten da sind, werden sehr stark jene Lebenswelten abgebildet, die denen der Journalist*innen ähneln. Berichte über Menschen, die jetzt ihre Arbeit verloren haben, die wegen der unsicheren Zukunft Panikattacken haben, sucht mensch dort vergeblich.

Wer weg von dem Einheitsbrei will, muss Medien selber machen: einen Blog gründen, oder auf Indymedia & emrwai veröffentlichen (dort gibt es auch einen Einheitsbrei, aber ganz anderer Art)

R.I.P. Herby Loitsch

Ein widerständischer Geist, der sich nicht verbogen hat, ein Chronist sozialer Bewegungen in Wien und darüber hinaus, ein Aktivist in Wort und Tat, ein Jäger, Sammler und Archivar, ein Querulant im besten Sinne des Wortes, ist von uns gegangen.
Möge die Erde dir leicht sein!

Alltagsrassismus und ein Messer

Am 24.12. noch schnell die Nachrichten geguckt. Eine Meldung, dass es am Weihnachtstag ein Messerangriff in einem Zug gab. Zwei Menschen wurden verletzt. Der Angreifer war anscheinend psychisch auffällig. Und dann den Fehler gemacht, die Kommentare zu lesen. Im Standard, wohlgemerkt, der im Vergleich zu anderen Zeitungen eh noch harmlos ist. Die Meute geiferte. Das einzige, was sie interessierte, war die vermeintlich oder tatsächliche Herkunft des Täters. Viele wussten es natürlich schon. So ein Messermensch, noch dazu psychisch auffällig, das sind doch altbekannte Codes: Das war ein Flüchtling, ein Ausländer, ein Moslem ein Islamist. Die Meute stachelte sich selbst an – zum Glück nur digital. Worte des Beileids für die Opfer gab es nicht. Wenn interessieren schon die Opfer. Wir wollen uns wiedermal so richtig fürchten. Unser Leben ist dann nicht mehr ganz so wertlos, unsere traurige Internet-Existenz bekommt einen Sinn, wenn unsere Leute, unsere Werte und unsere Kultur bedroht werden. Dann können wir auch im Geheimen (noch?) Rachepläne schmieden. Angewidert wend ich mich ab. Der Computer bleibt zwei Tage aus.

Dann eine neue Nachricht: Eines der Opfer war ein junger Afghane. Er ist unmittelbar davor vom Angreifer rassistisch beleidigt worden. Ich mag das „Psychisch instabil“ übrigens nicht bezweifeln, aber das schließt doch ein rassistisches Tatmotiv nicht aus. Diese Schilderung kommt übrigens von einer Unterstützerin des Opfers, nicht von der Polizei. Und die Meute? Die ist weitergezogen. Kein Wort des Bedauerns. Ein Kloster wurde ausgeraubt. Die Täter sprachen deutsch mit ausländischen Akzent. Da wird es ja hoffentlich die richtigen Täter geben.

So, zum Schluss mal langsam: Es gibt diejenigen, die von der Angst profitieren. Die Law &Order Fanatiker*innen in der Politik, die Polizei, die Gefängniskomplex, die Asylindustrie (also, die, die mit Abschieben, Wegsperren, und Sichern Kohle machen): Die brauchen die Angst, um ihre Produkte verkaufen zu können. Auch die Medien gehören dazu, die wollen ihre Geschichten ja auch verkaufen.

Aber es gibt eben auch die Meute. Die keinen unmittelbaren Gewinn aus der Angstmache zieht. Aber sie will sich fürchten, Sie will Angst haben. Es gibt ihnen ein Kick, wenn es wieder einen Messerangriff gibt, wenn Flüchtlinge, wenn Islamisten zuschlagen. Dann können sie sich wieder ergeifern, dann können sie sich wieder wichtig machen. Dann bekommt ihre klägliche Existenz wieder Sinn. Meine Vermutung ist, dass die Menschen die Kontrolle über ihr Leben mehr und mehr verlieren, dass sie weniger und weniger bestimmen können, in welche Richtung ihr Leben geht. Das Symbol für diese Unsicherheit ist der Refugee. Und gleichzeitig spiegelt sich in der vermeintlichen und tatsächlichen Gewalt der Migrant*innen und Islamist*innen Allmachtsphantasien der Meute wider. Mensch Merz hat das anhand der Identitären sehr gut analysiert. Ich befürchte allerdings, dass diese Dynamik nicht nur für einen kleine Kreis rechtsextremer Kader zutrifft, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

Damit der Artikel nicht ganz so beschissen endet, gibt es zum Abschluss noch ein buntes Lied der Meute:

Pro Hate Speech!

Momentan wird wiedermal sehr viel über „Haß im Netz“, und wie er verhindert werden kann, geredet. Ich will da zwei kleine Gedanken beisteuern:

1., Ob die Herrschenden die Beherrschten verlachen, oder ob die Beherrschten die Herrschenden verlachen, oder ob die Herrschenden die Beherrschten dazu bringen, andere Beherrschte zu verlachen, das sind grundlegend verschiedene Sachen. Wenn aber über Hate Speech diskutiert wird, werden diese drei Sachen einfach in einen Topf geworfen.

2., Bei den Diskussionen wird von vornherein angenommen, dass wir in nahezu der beste aller Welten leben würden. Wir müssten nur vernünftig miteinander diskutieren, dann lassen sich alle Probleme lösen. Angesichts eines kapitalistischen Systems, das auf den Leichenbergen von Millionen Menschen aufgebaut ist, und das auch heute für massenweise Verelendung verantwortlich ist, angesichts einer Festung Europa mit mehreren Tausend Toten jedes Jahr, angesichts des Patriachats, das kurzerhand die Hälfte der Bevölkerung zu minderwertigen Lebewesen erklärt, hab ich für diese Vorstellung nur ein bitteres Lachen übrig.

Ich kann es auch mit den Worten des alten Haßpredigers Yok aka Quetschenpaua sagen:
Unser’n Hass, den könnt ihr haben, unser Lachen kriegt ihr nicht!

Von Chemnitz nach Guntramsdorf

Ihr kennt alle den Spin: Die Ausländer* sind kriminell und die Moslems Terroristen. Ihr müsst nur die Zeitung aufschlagen, um das zu sehen. Bei jeder Straftat: Ist ein Österreicher der Täter gibt es eine Kurzmeldung auf Seite 13. Aber macht es ein Flüchtling, dann gibt es Schlagzeilen. Je nach Herkunft ist es entweder ein Beziehungs-, ein Familiendrama oder ein Ehrenmord. Im ersten Fall gibt es eine Kurznachricht, im zweiten neben demn eigentlichen Bericht auch noch ein par Kommentare. Auch die linksliberalen Zeitungen wie TAZ oder Der Standard machen da mit. Und natürlich mischen auch die Leser*innen kräftig mit. Bei einem Bericht über eineN österreichischeN Täter*in gibt es vielleicht 20 Kommentare. Ist der Täter ein Refugee, sind es schnell über 1000 Kommenatre. Die Menschen wollen es ja wissen, das wird man ja wohl noch sagen dürfen. Und diese Neugierde befriedigen die Zeitungen, die TV – Anstalten,… Es ist ein selbstregulierendes System, eine Filterblase, die praktisch de gesammte Gesellschaft umfasst. Diebstähle, Raufereien, Totschschlag oder Mord mit eine österreichschen Täter werden nicht mehr wahrgenommen, denn: Alle Ausländer sind kriminell, alle Moslems sind Terroristen.

Wie gefährlich dieser Frame, zeigt sich jetzt gerade in Chemnitz. Nach dem Tod von Daniel wären vielleicht ein paar Nazis auf die Straße gegangen. Dass aber tausende ganz normale Bürger*innen sich dem anschließen, Hitlergrüße wohlwollend ignorieren, Jagden auf vermeintliche Ausländer beklatschen, das zeigt, wie stark dieser Spin georden ist. Ihre gewollten Blindheit, die die „Deutschland den Deutschen!“ – Rufe und den eigenen Applaus bei „Adolf Hitler Hooligans“ vergisst, vergessen lassen will, macht es möglich,dass vermeintliche und tatsächliche Flüchtlinge gejagt werden. Aber das sind die notwendigen Opfer, damit wir uns auf die Schulter klopfen können, damit wir uns gegenseitig in unserer Blase selbst bestättigen können. Hilfreich zur Seite steht dabei die Politik. Sie sekundiert, es gab ja keine Hetzjagden, die Videos seien gefälscht, es gebe eine berechtigte Wut. Immerhin wird den armen inländischen Opfern ja nicht zugehört. Dass dadurch andere Menschen zum Schweigen gebracht werden, interesiert nicht. Denn welches Opfer von Nazigewalt geht schon zu einem „offenen“ Gespräch mit einem Ministerpräsidenten, wenn er/sie dafür durch eine Nazidemo durch muss. Ein alternatives Stadtteilfest und das Sommerfest des Flüchtlingsrates mussten abgesagt werden, weil die Sicherheit der Teilnehmenden nicht gewährleistet werden konnte. Es gab gleichzeitig eine Nazidemo. Aber, hey, ist ja nicht so schlimm, denn, seien wir uns ehrlich: Wenn interesiert es denn schon, was die Ausländer zu sagen haben. Die sind ja eh alle kriminell.

Zwei besondere Gustostückerl dieser Denke lieferte letzte Woche die FPÖ ab. In Guntramsdorf hat ein FPÖler im Supermarkt drei Flüchtlinge beim Stehlen erwischt – und seine Heldengeschichte gleich der Welt mitgeteilt. Und ein anderer hat einen bösen ausländischen Lehrling entdeckt, der auf Facebook eine Untergruppe der Hizbollah geliked hat. Vorher hat er sich noch mit dem Bundespräsi und dem Grünen-Chef von OÖ getroffen. Er hat gleich den Verfassungsschmutz und die Krone informiert. Die haben große Geschichten gebracht. Ein Like auf FB ist ja viel schlimmer als sich die Bühne mit einer waschechten Hizbollah-Anhängerin zu teilen, gell Herr Innenminister?

Die Geschichten flogen bald auf. Es wurde der falsche Lehrling „erwischt“, und die drei Festgehaltenen hatten gar nix gestohlen. Die FPÖler bleiben bei ihren Stories. Sie haben dafür auch schon wieder neue Wörter erfunden: „Terror-Liker“ und „Fast-Dieb“. Das schlimme ist, ich glaub ihnen. Ich glaub ihnen natürlich nicht ihre Gschichtl. Aber ich glaub ihnen, dass sie sich in ihrer „Ausländer sind kriminell, Islam ist Terror“ Welt so verlaufen haben, dass sie gar nichts anderes mehr sehen können. Und so selber ihre Geschichten glauben. Und es wird schlimmer: sie posaunen ihre Geschichten laut hinaus – weil ihnen viele Leute zuhören, weil viele Leute in der selben Welt gefangen sind, und gar nichts anderes mehr sehen können. Und so dreht sich der Spin immer weiter und weiter, und wird gefährlicher und ghefährlicher.
Fast–Dieb! Ich liebe dieses Wort. Es ist der ultimative Beweis, dass alle Ausländer kriminell sind. Denn auf wen trifft das nicht zu, wer ist das nicht – ein Fast-Dieb? Eben!

*Ich hab mich entschlossen, den Text dort nicht zu gendern, wo er Vorurteile wiedergibt, da diese Art von Vorurteilen den Männern vorbehalten sind.

Kein Aus für den Rassismus

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Da kommt ja fast Jubel auf! Die rechtsextreme „Aula“ wird eingestellt. Es gab wohl zu viel schlechte Publicity für die FPÖ. Geschenkt, dass sie im Herbst unter einem neuen Namen wieder kommen wird. Sie wird Zeit brauchen, um die alte Reichweite wieder zu erreichen, Geschenkt, dass es eine bekannte Taktik der FPÖ ist: Gibt es zu viel Kritik, wird die Person/Zeitung/Organisation nur für eien Weile aus dem Schusfeld genommen. Udo Landbauer wartet immer noch in der zweiten Reihe auf seine Rückkehr, sein Kompagnion Herwig Götschober ist schon zurück. Die Auflösung der „Germania“ wurde zwar angekündigt, wird aber bis zum Sankt Nimmerleinstag dauern. Es ist dennoch Spielraum für antifaschistische Interventionen.

Was nicht egal ist, was am Sontag in der Kronen Zeitung stand. Nur zur Erinnerung: Die Krone ist die größte Zeitung in Österreich. Am Sontag hat sie eine Auflage von über 1.300.000 Stück. Sie hat damit eine Reichweite von nahezu 2.700.000 Menschen. Oder anders gesagt: Jeder 3.Mensch, die/der in Österreich wohnt, hat die Zeitung in den Händen. In dieser Zeitung gab es letzten Sontag zwei Artikeln, die es in sich hatten.

In beiden wird massiv Angst geschürt. Der eine erschien im Blattinneren, in den lokalen Nachrichten. Einen wirklichen Neuigkeitswert hat er nicht. Innenminister Kickl betont erneut die Gefahr, die von der pösen Flüchtlingen ausgeht. Anscheinend sind schon wieder 80.000 dieser pösen Purschen (ich weiß, ich hab zuviel „Das Leben des Brians“ geschaut. Und ja, es ist explizit von Purschen, von alleinreisenden, jungen Männern, die Rede. Ist ja klar, weibliche Refugees eignen sich deutlich schlechter zur Angstmache)) unterwegs, und -oh Graus- die meisten davon sind Terroristen – sagt die Polizei, und die muss es ja wissen! Also macht euch bereit: Zehntausende Bombenleger, Selbstmordanschläger, Messerabschneider, und so weiter sind unterwegs zu UNS! Aber ihr braucht keine Angst zu haben, den der Innenminister hat die SUPERidee: Sie dürfen einfach kein Asyl beantragen- fertig! Die Krone hat den neuen Fluchtweg ja nicht umsonst „Moschee-Route“ getauft, womit das ganze Böse in einem Namen zusammengefasst wird: Islam, Flüchltinge, Terror – und das muss alles draußen bleiben! Kein Asylrecht für Moschee-Routlinge!

Dass das ganze wenig mit der Realität zu tun, stört die Krone und offensichtlich auch ihre Leser*innen nicht. Mir kommt ja manchmal vor, als würden viele Menschen geardezu händeringend nach etwas suchen, vor dem sie Angst haben können, damit ihr Leben ein bisschen Pep bekommt. Die Realität ist, dass Flüchtlingsströme (ist ein Scheisswort, aber mir fällt jetzt kein besseres ein) eruptiv auftreten, und sich somit schwer vorhersagen lassen – geschweige den, sich verhindern lassen.
(Wer wissen will, wie ess auf dieser Route wirklich zu geht, der soll mal bei Cars of Hope vorbei schauen. Dort gibt es auch die Möglichkeit, zu helfen: entweder selbst Hand anzulegen, oder Kohle spenden)

Notruf: Geflüchtete in Bosnien brauchen eure Unterstützung


Wer konnte 1953 die Ungarnkrise vorhersagen? Jugoslawien galt selbst Ende der 80ger Jahre noch als sozialistisch-liberales Wunderland. Wer konnte damals ahnen, dass dort wenige Jahre später Krieg herrschen wird? Als es in Syrien mit den arabischen Frühling, mit den Protesten, los ging, wer konnte ahnen, dass daraus ein Bürger*innenkrieg wird? Und als Krieg brutaler wurde, wer glaubte, dass viele Menschen (prozentuell gesehen waren es wenig, insgesammt waren und sind es dennoch viele) sich aufmachen werden und die Festung Europa überwinden werden. Und die Regierungen hätten sich auf den Kopf stellen könne, sie hätten diese Bewegungen nicht verhindern können. Sie habens ja probiert -und sind gnadenlos gescheitert. Denn entgegen dem Gerede von den offenen Grenzen war Europa auch schon längst vor dem Herbst 2015 eine Festung.

Der andere Artikel erschien in der Krone Bunt und ist vom eh schon bekannten Tassilo Wallentin, ehemals bekannt als Anwalt der FPÖ. Hier ist es weniger die Tatsachenverdrehung, die irritiert, sondern die Stimmung, die erzeugt wird. Wir guten Europäer*innen werden von den pösen Afrikaner*innen und Moslems überrant. Ich hab beim Lesen inneghalten, und mich gefragt, wo solche Texte vor 20, 25 Jahren erscheinen hätten könne. Die Krone war immer schon ziemlich rechtsoffen. Dennoch wäre damals soclhe Texte wohl nicht einmal als Debattenbeiträge – sprich Leserbriefe- durchgegangen. Gerade mal das ganz rechte Eck, also Kreise rund um die VAPO, die NPD oder eben die Aula, hätten sowas veröffentlicht. Das war früher eine Randerscheinung, heute ist es Mainstream. Damals war es nichtmal Oppossition, heute sind Ex-VAPO und NPD-Jünger Regierung. Und da Krone und Co. Nun rassistisches Sprachrohr spielen, das noch dazu viel lauter ist, braucht es die Aula nicht mehr. Ihr Aus fällt damit nicht mehr ins Gewicht.

Links zu den beiden Berichten:
https://www.krone.at/1720490
http://www.tawa-news.com/die-vogel-strauss-politik/

neues von (((i)))

Naja, so viel Neues gibt es eigentlich nicht. Linksunten ist weiterhin offline und verboten. Dagegn laufen einige Klagen. Beim ccc erzählte die Anwältin Kristin Pietrzyk von der Repression. Hier zum Nachschauen mit dem schönen Titel: All Computer Are Beschlagnahmt.

Besser schaut es mit de.indymedia.org aus. Das gibt es nämlich wieder. Naja, ganz weg war es eh nie, aber die OpenPosting war deaktiviert. Jetzt ist sie wieder da. Allerdings scheint das noch nicht recht bekannt zu sein. Also: Werbung machen, lesen und natürlich selbst veröffentlichen! Auch ich werd immer wieder mal Sachen raufstellen – wahrscheinlich vor allem Demoberichte.

Das Ende diesmal ganz historisch:

Lebt und lest Radikal!

Es wird Zeit zu bloggen!

Es gibt zwei unmittelbare Auslöser, aber es gärt in mir schon länger.

Da ist einerseits das Verbot von linksunten.indymedia.org. Das ist zuerst eine persönliche Sache: Früher hab ich meine (nicht allzu zahlreichen) Texte dort veröffentlicht. Diese Möglichkeit gibt es nun nicht mehr und ich muss mich nach neuen Möglichkeiten umschauen. Aber es ist mehr: Es ist ein Angriff auf DIY-Medien, ein Angriff auf Nachrichten von Unten, ein Angriff auf selbstorganisierten und emanzipatorischen Medienaktivismus.

Und da sich mundtot machen lassen keine Möglichkeit ist, braucht es Alternativen. Dieser Blog soll ein kleiner Teil davon sein.

Und da ist andererseits da die neue Regierung. Durch sie wird der autoritäre Wunsch eines Teils der Bevölkerung wahr und verschärft sich. Es zeigt sich eine abstoßende und menschenverachtende Mischung aus Rassismus, Sozialabbau und Feindbildproduktion. Hier ist Widerspruch nötig wie ein Bissen Brot und sei es nur in der Form des Textes; und sei es nur mit einem simplen „Nicht in meinen Namen!“

Ich mag aber nicht zu jenen gehören, die einen unheilvollen Fatalismus betreiben. Klar, die Zeiten werden härter. Aber dadurch werden auch Risse in der Gesellschaft sichtbar. Risse, die vorher mühsam zugedeckt waren und auch von uns, die viel auf den kritischen Geist halten, ignoriert wurden. Diese Risse können fruchtbar sein. Hier ist es möglich, dass sich eine neue Gegenkultur aufbaut. Hier können sich neue Bündnisse entwickeln. Um eine sicherlich übertriebene Parallele zur Geschichte zu ziehen: 1914, zu Beginn des 1. Weltkrieges, versuchte sich die politische ArbeiterInnenbewegung vor der Kriegsbegeisterung des Volkes und der drohenden Repression des Staates durch Inaktivität zu verstecken. 1918, am Ende des Krieges, gab es in ganz Europa starke Rätebewegungen und einzelne Räterepubliken. Kurz: Es lohnt sich, dagegen zu sein.

Doch dieses dagegen sein alleine ist zu wenig. Es ist zu wenig, gegen die neue Regierung zu sein, und dadurch die Regierung, die das gleiche -nur nicht so laut und nicht so aggressiv gemacht hat-zu einer Rückkehr zu verhelfen. Gerade hier zeigen sich die verhängnisvollen Auswirkungen des neoliberalen Mantras „There is no Alternative!“. So wurden unsere Hoffnungen auf ein Leben in Würde zerstört, unsere Träume von einer anderen Welt vergiftet und unsere Utopien von einer solidarischen und gerechten Welt in pragmatische Forderungen an die Mächtigen verwandelt. Und gerade diese Utopien und Hoffnungen brauchen wir jetzt dringender denn je. Dieser Blog soll die Anstrengungen zeigen, sie zurückzuerobern.

Der Name des Blogs DrumBum ist ein Kofferwort. „Drum Bun“ ist rumänisch und heißt „Gute Reise!“. „Bum“ ist der englische Ausdruck für Gammler. „DrumBum“ ist die Überzeugung, dass es notwendig ist, neue Wege zu gehen und so manche alte linke Gewissheit hinter sich zu lassen, um neue Bewegungen in die kalte politische Landschaft zu bringen. Ich bin diesem Prozess mehr Suchender als Verkünder einer neuen Wahrheit. Denn diese neuen Wege können nur von unten und nur durch die Praxis und durch Kritik entwickelt werden. Dafür braucht es viel mehr als diesen Blog. Aber dieser Blog kann und soll ein Puzzlestein sein.