Ich hab grad „Uns verbrennt die Nacht“ von Craig Kee Strete gelesen. Er beschreibt darin rauschhafte Nächte Mitte/Ende der 60er in Los Angeles, die er gemeinsam mit Jimi Morrison verbracht hatte. Und wie so oft bei Beatnik- und Hippieromanen bin ich hin und hergerissen. Sie beschreiben einen Rausch, und bei den besseren Büchern ist das Lesen auch kleiner Rausch. Doch gerade die Darstellung von Frauen* hinterlässt mehr als einen bitteren Nachgeschmack. Sie sind schmückendes Beiwerk, nicht viel mehr als Fickobjekte, wie Drogen ein Mittel den eigenen Rausch voranzutreiben. Craig Kee Stret entschloss sich, eine düster-mystische Version seiner Hippiezeit zu schreiben, in der beides, Rausch und Misogynie, extrem vorkommen.
Dass das Ganze eine stark sexistische und patriarchale Schlagseite hat, hat damit zu tun, dass es vorwiegend Rauschgeschichten von Männern* aufgeschrieben wurden. Doch die hatten die sexuelle Revolution nicht gepachtet. Auch Frauen* profitierten davon: Mensch denke an Janis Joplin oder an Nico, um nur zwei Beispiele aus der Welt der Rockmusik zu nennen. Doch in der Literatur fand das zunächst wenig Niederschlag. Meines Wissens gab es erst ab den 90ern/Jahrtausendwende weibliche* Rauschgeschichten, die größere Verbreitung fanden. Ich hab da die genialen Comics von Ulli Lust im Kopf, die aber nochmals ein Stück später entstanden.
Hinter diesem Missverhältnis liegt aber ein viel tieferliegender Gegensatz. Rausch und Ekstase beruhen im Kern auf Grenzüberschreitung. Zumindest die Grenzen des Alltags werden dabei hinter sich gelassen. Konsens beruht im Gegensatz dazu auf eine ruhige Innenschau, zumindest in der besten Version. Die beiden Pole scheinen sich auszuschließen.
In den Romanen wird aber meist noch eine andere Grenzüberschreitung beschrieben – die zwischen Weggefährten, zwischen Kumpels. Doch diese wird meist als bereichernd, als anregend beschrieben. Es hilft, den Schatten zu überspringen, sich selbst mehr zuzutrauen, das Gewohnte, Alltägliche, das Hemmende hinter sich zu lassen. Der Erfolg von Craig Kee Strete#s Buch beruht zum Großteil auf die Kumpanei mit einem fiktiven Jimi Morrison. Dieser klein Taschenspielertrick brachte ihm viel Aufmerksamkeit, brachte dem Buch allein in der deutschen Übersetzung 18 Auflagen.
Diese Kumpelei zeigt aber auch, dass Ekstase und Konsens nicht zwangsläufig Gegensatzpaare sind, dass sich das ganze auch viel anders denken und handeln lässt. Wenn es ein aktives Wahrnehmen, wenn es Vertrauen gibt, können sich Rausch und Zustimmung wunderbar ergänzen. Und ja, es liegt an uns Männer, dieses Missverhältnis zu beenden, diese Kultur zu ändern!