„Neujahrsempfang“ – Großdemo gegen die neue Regierung

Ich muss ehrlich sein, ich mag Großdemos nicht besodners. Meistens komm ich mir da irgendwie verarscht vor. Mensch wird aufgerufen, aktiv zu werden, doch meist geht es den Organistor*innen nur darum, wieviele Menschen sie mobiliseren können – wie stark sie ihren Forderungen Nachdruck verliehen werden kann. Mensch bleibt also Zählmasse, diesmal halt nicht mit dem Kreuz auf dem Papier, sondern per pedes auf der Straße.

Natürlich seh ich die Notwendigkeit von solchen Demos: Es können Menschen ihren Widerspruch zeigen, die bei anderen Aktionen nicht dabei sein können – wegen Beruf, Kindern, Immobilität oder unsicheren Status. Und natürlich ist es gut zu sehen, wieviele „wir“ sind. Das ist übrigens für mich der beste Teil dieser Demos: Ich treff Menschen wieder, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe.

Es ist genauso natürlich, dass diese Veranstaltungen all möglichen obskuren Gruppen anzieht, die hier ihre Werbung machen können. Am schlimmsten sind da für mich weiterhin die Parteien, die hoffen, das Erbe dieser Regierung antreten zu können. Und die mit ihrer bisherigen Politik diese Regierung erst ermöglicht haben. Am deutlichsten war das bei dieser Anti-Regierungs-Demo mensch bei der SPÖ: Einer von ihnen machte aktiv Wahllkampf, es waren einige Parteimitglieder da. Doch der nächste Tag brachte schon wieder rassistische Politik as usual: Am einem Tag auf einer antirassitsichen Demo, am nächsten Tag gab es schon wieder rassistische Sprüche und Forderungen nach mehr Abschiebungen…

Anfangs stand die Demo gegen die Regierung vom 13.1. unter keinen guten Stern: Die Mobilisierung verlief nur solala. Und das Wetter war schlecht: Nieselregen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Brrr!

Doch die Demo selbst war überraschend gut. Sie war sehr divers. Von Schulklassen, Familien bis hin zu Omas und Opas war so ziemlich jede Altersstufe, jede Gesellschaftsschicht und jede politische Strömung links der Mitte da. Kritisiert wurde selten radikal – die Regierung als Herrschaft. Doch viele Teilaspekte wurden kritisiert und miteinander in Beziehung gesetzt: Der Rassismus, der Sozialabbau, die Nähe zum Nationalsozialismus, die Politik gegen die Umwelt, der steigende Druck in der Bildung,….

Überraschend viele hatten sich vorbereitet: Es gab eine Menge selbstgebastelter, kreativer Schilder; es gab ein ununterbrochenes Lärmen mit Slogans, Trillerpfeifen, Glocken, etc. Das ist nicht normal: Viel zu oft zeichnen sich Großdemos dadurch aus, dass ein Riesenlauti alle bespaßt, und die Leute mehr oder weniger lustlos hinterher trotten. Doch an diesem Tag waren viele Leute erstaunt, wie groß die Demo war. So gab es trotz des beschissenen Anlasses eine durchwegs gute Stimmung,

Am Heldenplatz war es wirklich kalt. Es gab dort auch die zu erwartenden, eher langweiligen Reden. Dennoch blieben viele Leute. Auch dort war es weiterhin laut. Die Demo endete mit einem Lichtermeer.

Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. 1300 Polizist*innnen laut Presse. Die hielten sich zurück, und waren fast nur in der zweiten Reihe (Ballhausplatz, 2erLinie) zu sehen. Ob aber eine anschließende Spontandemo, die es nicht gab, problemlos loslaufen könnte, wage ich zu bezweifeln.

Mein Fazit: Die Demo war groß und wichtig, Aber mnesch sollte sie auch nicht überschätzen: Es war ein Zeichen, mehr nicht! Mit der Demo endete auch die erste Welle der Anti-Regierungs-Proteste. Eine Chronik gibt es hier. Für die nächste Zeit sind keine Aktionen gegen die Regierung geplant. OgR und KJÖ rufen jedoch zu Demos gegen Burschiball (Hey, OgR, warum kriegt ihr nur facebook auf die Reihe???) und Opernball auf.

Zum Schluss noch die heiligen Zahlen: Laut Veranstalter_Innen waren es 70.000, laut Polizei 30.000, laut nochrichten-Zählung 25.000 Menschen auf der Demo plus unzählige, die direkt auf den Heldenplatz gingen!

Der Anfang der Anti-Regierungs-Proteste

Die Proteste gegen die Regierung begannen schon alnge vor dem Tag X. Doch bislang wurden sie auch innerhalb der Linken eher ignoriert. Darum gibt es hier ein Chronik zu Mehr als 2 Monate Anti-Schwarz/Blau-Proteste, bevor sie überhaupt im Amt waren:

Schon am Sontag vor der Wahl, am 8.Oktober, demonstrierten mehr als 1000 Menschen gegen Rassismus, Sexismus und Sozialabbau. Und -oh Wunder- haargenau das sieht das neue Regierungsprogramm vor. Die Auftaktkundgebung wurde durch eien Stinkbombe gestört.
Am Freitag vor der Wahl schriehen mehr 100 Menschen aus dem Umfeld der Linkswende Strache &Co. ein herzliches “Fuck You!” entgegen. Am Abend der Wahl, am 15.Oktober, als die Gewinne für Schwatz und Blau feststanden, und der Weg zu einer Neuauflage der rechts/noch weiter rechts-Koaltion frei war, versammelten sich spontan 400 Menschen vor dem Parlament. Es wurde eine Runde über FPÖ-Zentrale, Innenministerium und Kanzleramt gedreht.

Am Donnertag darauf gab es den ersten Versuch, die Donnerstagsdemos aus der Zeit von 2000 wiederzubeleben. beim ersten Versuch kamen mehr als 200 Menschen, drehten ein Runde , bevor die Polizei der Demo mit einem kurzen, aber heftigen Einsatz beendete. Die Woche darauf waren es nur noch ca. 100 Menschen, die sich im Schatten eines großen Polizeiaufgebotes trafen. Es gab noch eine kurze Demo, die sich aber nach ca. 10 Minuten von alleine auflöste. Die nächste Woche versammelten sich praktisch nur noch PolizistInnen. Der Wiederbelebung der Donnersatgsdemos ist zumindest diesesmal gescheitert.

Gegen die Angelobung des neuen Nationalrats demonstrieten am 9.November am Vormittag mehr als 200 Menschen vor allem aus dem Umfeld der trotzkistischern Gruppen. Zu einerm ersetn Massenprotest entwickelte sich die Lichterkette, die am 15.11. von SOS Mitmensch am Ballhausplatz initiert wurde. Ca. 10 000 Menschen nahmen daran teil.
Als bekannt wurde, dass die Regierung die Einführung der Studiengebühren plant, versammelten sich am 14.12. spontan 500 vor dem Palais Epsatin, wo die Regierung ihr Program verhandelt. Im Anschluss zogen noch 200 Menschen in eine Spontandemo am Gehsteig zur Universität.

Das hier ist eine unvollständige Chronologie, die nur Demos/Kundgebungen mit mehr als 100 Menschen in Wien berücksichtigt. Daneben gab es einige kleinere Kundgebungen, Demos in anderen Städten, und andere Protestformen wie politische Graffitis, Unterschriften sammeln, Protesttelefonate, Vorbereitung auf den Tag X,…..

Sicher waren diese Proteste alles andere als berauschend. Manche waren schlecht besucht (Donnersatgsdemos), manche waren viel zu brav (Gehsteigdemo). Generell war bei Gesprächen auf bzw. rund um die Demos viel von Resignation zu spüren.Dennoch lässt sich festhalten: In den letzten zweieinhalb Monaten haben tausende Menschen verschiedenste Möglichkeiten wahrgenommen, um ihren Unmut über die rects/rechtsextreme Regierung zum Ausdruck zu bringen. Dass es in Zukunft mehr braucht, ist klar. Aber die Proteste zeigen, dass es nach wie vor ein großes widerständisches Potential in dieser Stadt gibt. Und darauf kann mensch hoffen!

Tag X: Proteste gegen die Angelobung der Regierung in Wien

Der Tag fing gut an. Schon auf den Weg zur Demo wurde ich von zwei regierungskritischen Transpis, welche über dem Gürtel flatterten, empfangen. Wie ich später las, gab es andere nächtliche Aktionen. Dabei wurden 4 Knäste mit Farbe beschmiert. Der Demotreffpunkt war gut besucht. Und als wir uns auf den Weg machten, und die anderen Demos sahen, sahen wir, dass einigte Tausende gegen die neue Regierung protestierten. Beim Einbiegen zum Heldenplatz staute es sich regelrecht. Kurz zu den Zahlen: An den 4 größeren Demos haben jeweils zwischen 1000 und 2000 Menschen teilgenommen, dazu war ein Bike Block mit 200-300 Menschen sowie mehrere kleinere Demos unterwegs. Weil einige Menschen erst später kamen, waren es wohl zur besten Zeit an die 10 000 Menschen, die ihren Unmut gegen Schwarz-Blau kundtaten. Continue reading