Corona ist ja praktisch das einzige Thema, das momentan in den Medien vorkommt. Komischerweise gibt es aber einen Aspekt, der kaum beschrieben und beachtet wird: die Stigmatisierung der Erkrankten und der Leute, die mit Infizierten arbeiten. Vor drei Wochen machte die Nachricht einer Krankenschwester die Runde, die von Nachbarn aufgefordert wurde, auszuziehen. Grund: Sie wollen den Virus nicht im Haus haben. Ganz ähnliches wird aus Frankreich berichtet. Dort bekommen die Krankenpfleger*innen zwar Applaus, gleichzeitig werden sie aber in ihrer Nachbarschaft angefeindet – sie sind ja potentiell Virenträger*innen. Auch meine Tante, die sich ziemlich am Anfang der Epidemie angesteckt hatte – sie war in Tirol Skifahren – berichtet ganz ähnliches. Auch nach mehr als 2 Wochen Quarantäne, nachdem sie wieder gesund und sicher nicht mehr ansteckend war, haben Menschen in ihrer kleinen Stadt die Straßenseite gewechselt, nur um ja nicht mit ihr in Berührung zu kommen.
Die Stigmatisierung ist kein Zufall. Wenn anstatt medizinischer militärische Bilder für die Eindämmung einer Pandemie gebraucht werden, wenn wiederholt gefordert wird (und wohl auch vereinzelt gemacht wir), dass Polizei die Kranken befragen soll, dann ist der/die Kranke zumindest ein*e Abtrünnige*r, ein*e Kriminelle*r, oder vielleicht sogar ein*e Überläufer*in, der/die mit dem Feind unter einer Decke steckt.
Das Traurige an der Sache: Eigentlich kennen wir das ganze Spiel, die ganzen Mechanismen ganz gut: Ein wesentlicher Aspekt des LGBTI*Q-Aktivismus der 80er, 90er und 00er Jahre war AIDS-Aufklärung und Kampf um Entstigmatisierung. Doch diese Erfahrungen scheinen jetzt irgendwie verloren gegangen sein….