Groß war in den letzten Tagen die Aufregung rund um Lager in Drasenhofen. Dort wurden unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge, die als Unruhestifter gelten, in ein abgelegenes Lager gesperrt. Ausgang hatten sie nur 1 Stunde am Tag, und das nur in Begleitung eines Securities. Überwachungskameras, Securities, Stacheldraht rundeten das Bild eines Gefängnisses für Menschen, die nicht verurteilt wurden, ab. Nach einem Aufschrei und einem vernichtenden Bericht der Jugendanwaltschaft schloss das Heim seine Pforten nur ein paar Tag nachdem die ersten Jugendlichen dorthin verlegt worden sind. Bei diesem Erfolg sollte nicht übersehen werde, dass Drasenhofen nicht alleine dasteht. Es ist eine Verdichtung und Fortführung der Entrechtung, Isolation und Überwachung, aber keineswegs ein Einzelfall. Ganz im Gegenteil, es ist Produkt einer systematischen Entmenschlichung, die Schritt für Schritt Normalität wurde. Deswegen wird hier an ein paar andere, ähnliche Fälle erinnert:
Fieberbrunn ist ein Heim, dass alleine auf einem Berg steht. Der nächste Nachbar ist 3 km entfernt, der nächste Ort 7km. Die Abhängigkeit der Bewohner*innnen von den Betreuer*innen ist dementsprechend groß. Bekanntheit erlangte es 2014, als es einen rassistischen Angriff gab. Damals protestierten Bewohner*innen gegen ihre Isolation. Passiert ist denkbar wenig: Das Haus wurde damals von der Caritas betreut, in der Zwischenzeit ist das Aufgabe der gewinnbringenden Firma ORS. Jetzt werden Menschen mit negativen Asylbescheid dort untergebracht. Die Täter von 2014 wurden zu lächerlich geringen Strafen (300€) verurteilt.
Noch abgelegener ist das Heim Gabcinkovo. Im Sommer 2015, also noch bevor es zu dem großen Anstieg der Asylwerber*innen kam, sah Österreich sich außerstande, alle Asylwerber*innen adäquat unterzubringen. Es wurde also ein Abkommen mit der Slowakei geschlossen, dass in Gabcnkovo, ca. 30 km von der österreichischen Grenze entfernt, ein Heim geöffnet wird. Sprich: die Asylwerber*innen werden in der Slowakei untergebracht, Österreich entscheidet. Die Probleme, die das mit sich bringt, sind offensichtlich: Gibt es Zugang zur unabhängigen Rechtsberatung? Welche Einspruchsmöglichkeiten gibt es? Welche Möglichkeiten haben sie, die österreichische Gesellschaft kennenzulernen?
Das bekannteste Beispiel eines Isolationsheimes ist die Saualm in Kärnten. Für immerhin 4 Jahre waren dort, 17 km vom nächsten Arzt entfernt, vermeintlich straffällige Asylwerber untergebracht.
In einem viel größeren Ausmaß plant der Innenminister eine Isolation durch die Gründung einer „Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen für Asylwerbende“. Dadurch soll eine private oder gemeinnützliche Versorgung, Rechtsberatung, etc. verunmöglicht bzw. stark erschwert werden. Der Kontakt zwischen Menschen, die schon länger hier sind, und Menschen, die hier neu angekommen sind, wird so deutlich erschwert. In Niederösterreich macht das gleiche der Landesrat Waldhäusl. Erst im September schränkte er die Freiheit, das Heim zu verlassen, stark ein. Wer dreimal bei Anwesenheitskontrollen fehle, verliere die Grundversorgung.
Um dieses System der Bestrafung und Isolation zu rechtfertigen, braucht es Vorverurteilung und Verleumdung. Wenn der zuständige Landesrat in seiner ersten Aussendung davon schreibt, dass 95% der Polizeieinsätze in Asylheimen stattfinden, so fragt mensch sich, was mit Lärmbelästigung, mit Raser*innen, Alkohol am Steuer, häuslicher Gewalt, etc. geworden ist. Auch die Aussage, dass ein Jugendlicher eine Krankenschwester fast totgeprügelt hatte, entpuppte sich als maßlose Übertreibung.
Auch diese Verleumdungen haben System. Erst vor kurzem wurde von der FPÖ fälschlicherweise ein Lehrling als IS-Sympathisant medienwirksam vernadert. Sie machten damit gegen die Möglichkeit, dass Asylwerber*innen eine Lehre machen können, mobil. Selbst nachdem ihr Fehler aufgedeckt wurde, entschuldigte sich die FPÖ nicht. Umgekehrt ist die FPÖ schnell dabei, Kritiker*innen anzuzeigen.
Drasenhofen gibt Hoffnung. Es zeigt, dass diese Politik der Isolation durchbrochen werden kann. In diesem Fall war es verhältnismäßig einfach. Es war ein schlecht vorbereiteter Alleingang eines cholerischen Landesrats mit katastrophaler Symbolpolitik (wir lernen: Stacheldraht geht gar nicht, administrative Formen der Überprüfung, die viel tiefer gehen, sind kein Problem). Dennoch brauchte es den Aufschrei einer Zivilbevölkerung, um das Lager zu schließen. Und es zeigt: Auch in anderen Fällen, auch an anderen Orten kann die Isolation durchbrochen werden!