Die Rache des Sesselfurzers

Natürlich verfolge ich gespannt den Spesenskandal der FPÖ. Besonders fasziniert bin ich von der Figur des Bodyguards, der den Whistleblower spielt. Er gab die internen Infos weiter, veröffentlichte die Spesenrechnungen und zeigt so das Luxusleben des Chefs der einfachen Leute auf. Es ist vor allem seine Unauffälligkeit, die mich beeindruckt. Ich habe ihn sicher schon dutzende Male, wenn nicht noch öfters, im Fernsehen gesehen, doch aufgefallen ist er mir bislang noch nie. Er ist eines dieser unscheinbaren Rädchen im System, die die Welt – oder hier genauer gesagt die rassistische Politik der Partei- im Gange hält. Ohne sie, ohne die Kameraleute, die ihre hasserfüllten Messages einfangen, damit sie dann in die Welt hinausposaunt werden kann, ohne die Funktionär*innen, die sie in die Beisl und in die Wohnzimmer hineinkommt, ohne die Sicherheitsleute, die dafür sorgen, dass die Chefs zwar ihren Hass in die Welt spucken können; sie selbst aber nichts vom Hass der Welt abbekommen; ohne sie würde die rassitische Maschinerie dieser Partei nicht laufen.

Wahrscheinlich hatte es der Bodyguard gern gemacht. Wahrscheinlich gehörte er zu jener Spezies Mensch, die gern andere schlecht machen, damit er besser da steht. Er war Bulle, sogar bei der WEGA, er war Mitglied der FPÖ – da gehört das dazu. Eine kurze Internet-Recherche ergab, dass er vor vielen, vielen Jahren ein Skandälchen involvoert war. Er hatte mit einer Gruppe FPÖ-Securitys Maturant*innen aus einem Heurigen geschmissen und mit „Nüttchen“ und „kleine Schwänzchen“ beschimpft. Grund: Die Maturant*innen hatten die sexuell eindeutigen Avancen des Chefs abgelehnt. Später, 2015, sprach er sich für einen bewaffneten Bundesheereinsatz gegen Refugees aus. Nichts Auffälliges in der FPÖ-Welt (und nicht nur dort). Es zeigt aber schön, wie sehr der Bodyguard das Prinzip „Nach Oben buckeln, nach Unten treten“ verinnerlicht hatte. Er wurde dafür auch belohnt und bekam einen Posten in der Bezirksvertretung. Dort trat er nicht groß in Erscheinung.
Insgesamt ergibt sich das Bild eines Sesselfurzers; zwar eine sportliche Version davon, aber dennoch ein Sesselfurzer. Er interessierte sich wenig für die Folgen seines Handelns, dafür umso mehr für seine eigene kleine Welt. Dadurch konnte er gut seine Rolle in der als Sicherheitsfachmann, als kleines Rädchen, in der Parteibürokratie spielen.

Was führte zum Umdenken? Was führte dazu, dass er jetzt seinen Chef ans Messer lieferte? Darüber kann nur spekuliert werden. In den Medien ist von einer schweren Krankheit die Rede und dass der Chef ihm danach nicht mehr den gleichen Job geben wollte. Hatte er die Nachteile von „Nach oben buckeln, nach unten treten“ gespürt? Er reißt sich für den Chef den Arsch auf, der lässt ihn wie eine heiße Kartoffel fallen? Führte das zu einem Umdenken? Oder hatte er gesehen, dass die markigen Sprüche von Treue, Kameradschaft nur hohler Schein sind? Glaubte er, dass er da mitspielen kann? Oder wollte er zumindest den Unterschied zwischen Schein und Sein nutzen, um seinen eigenen Preis in die Höhe treiben? Möglicherweise war es eine Mischung, eher eine diffuse Gefühlslage als klare, rationale Gedanken.

Er hatte sich verspekuliert. Er hatte zwar seinen Chef abgesägt – aber sich selber gleich mit dazu. Anders als gewohnt musste er nicht andere verhaften, sondern wurde selbst verhaftet, und musste sogar zwei Nächte im Knast bleiben. Doch wie es auch immer war, eines ist klar: Die internen Infos weitergeben, die Spesenabrechnungen, das Luxusleben des Chefs der einfachen Leute aufzeigen – dieser Akt, das war die Rache eines Sesselklebers.

Von Chemnitz nach Guntramsdorf

Ihr kennt alle den Spin: Die Ausländer* sind kriminell und die Moslems Terroristen. Ihr müsst nur die Zeitung aufschlagen, um das zu sehen. Bei jeder Straftat: Ist ein Österreicher der Täter gibt es eine Kurzmeldung auf Seite 13. Aber macht es ein Flüchtling, dann gibt es Schlagzeilen. Je nach Herkunft ist es entweder ein Beziehungs-, ein Familiendrama oder ein Ehrenmord. Im ersten Fall gibt es eine Kurznachricht, im zweiten neben demn eigentlichen Bericht auch noch ein par Kommentare. Auch die linksliberalen Zeitungen wie TAZ oder Der Standard machen da mit. Und natürlich mischen auch die Leser*innen kräftig mit. Bei einem Bericht über eineN österreichischeN Täter*in gibt es vielleicht 20 Kommentare. Ist der Täter ein Refugee, sind es schnell über 1000 Kommenatre. Die Menschen wollen es ja wissen, das wird man ja wohl noch sagen dürfen. Und diese Neugierde befriedigen die Zeitungen, die TV – Anstalten,… Es ist ein selbstregulierendes System, eine Filterblase, die praktisch de gesammte Gesellschaft umfasst. Diebstähle, Raufereien, Totschschlag oder Mord mit eine österreichschen Täter werden nicht mehr wahrgenommen, denn: Alle Ausländer sind kriminell, alle Moslems sind Terroristen.

Wie gefährlich dieser Frame, zeigt sich jetzt gerade in Chemnitz. Nach dem Tod von Daniel wären vielleicht ein paar Nazis auf die Straße gegangen. Dass aber tausende ganz normale Bürger*innen sich dem anschließen, Hitlergrüße wohlwollend ignorieren, Jagden auf vermeintliche Ausländer beklatschen, das zeigt, wie stark dieser Spin georden ist. Ihre gewollten Blindheit, die die „Deutschland den Deutschen!“ – Rufe und den eigenen Applaus bei „Adolf Hitler Hooligans“ vergisst, vergessen lassen will, macht es möglich,dass vermeintliche und tatsächliche Flüchtlinge gejagt werden. Aber das sind die notwendigen Opfer, damit wir uns auf die Schulter klopfen können, damit wir uns gegenseitig in unserer Blase selbst bestättigen können. Hilfreich zur Seite steht dabei die Politik. Sie sekundiert, es gab ja keine Hetzjagden, die Videos seien gefälscht, es gebe eine berechtigte Wut. Immerhin wird den armen inländischen Opfern ja nicht zugehört. Dass dadurch andere Menschen zum Schweigen gebracht werden, interesiert nicht. Denn welches Opfer von Nazigewalt geht schon zu einem „offenen“ Gespräch mit einem Ministerpräsidenten, wenn er/sie dafür durch eine Nazidemo durch muss. Ein alternatives Stadtteilfest und das Sommerfest des Flüchtlingsrates mussten abgesagt werden, weil die Sicherheit der Teilnehmenden nicht gewährleistet werden konnte. Es gab gleichzeitig eine Nazidemo. Aber, hey, ist ja nicht so schlimm, denn, seien wir uns ehrlich: Wenn interesiert es denn schon, was die Ausländer zu sagen haben. Die sind ja eh alle kriminell.

Zwei besondere Gustostückerl dieser Denke lieferte letzte Woche die FPÖ ab. In Guntramsdorf hat ein FPÖler im Supermarkt drei Flüchtlinge beim Stehlen erwischt – und seine Heldengeschichte gleich der Welt mitgeteilt. Und ein anderer hat einen bösen ausländischen Lehrling entdeckt, der auf Facebook eine Untergruppe der Hizbollah geliked hat. Vorher hat er sich noch mit dem Bundespräsi und dem Grünen-Chef von OÖ getroffen. Er hat gleich den Verfassungsschmutz und die Krone informiert. Die haben große Geschichten gebracht. Ein Like auf FB ist ja viel schlimmer als sich die Bühne mit einer waschechten Hizbollah-Anhängerin zu teilen, gell Herr Innenminister?

Die Geschichten flogen bald auf. Es wurde der falsche Lehrling „erwischt“, und die drei Festgehaltenen hatten gar nix gestohlen. Die FPÖler bleiben bei ihren Stories. Sie haben dafür auch schon wieder neue Wörter erfunden: „Terror-Liker“ und „Fast-Dieb“. Das schlimme ist, ich glaub ihnen. Ich glaub ihnen natürlich nicht ihre Gschichtl. Aber ich glaub ihnen, dass sie sich in ihrer „Ausländer sind kriminell, Islam ist Terror“ Welt so verlaufen haben, dass sie gar nichts anderes mehr sehen können. Und so selber ihre Geschichten glauben. Und es wird schlimmer: sie posaunen ihre Geschichten laut hinaus – weil ihnen viele Leute zuhören, weil viele Leute in der selben Welt gefangen sind, und gar nichts anderes mehr sehen können. Und so dreht sich der Spin immer weiter und weiter, und wird gefährlicher und ghefährlicher.
Fast–Dieb! Ich liebe dieses Wort. Es ist der ultimative Beweis, dass alle Ausländer kriminell sind. Denn auf wen trifft das nicht zu, wer ist das nicht – ein Fast-Dieb? Eben!

*Ich hab mich entschlossen, den Text dort nicht zu gendern, wo er Vorurteile wiedergibt, da diese Art von Vorurteilen den Männern vorbehalten sind.

Landbauer macht den Waldheim

Ja, ja, die FPÖ und ihre Lieder:

Da hat jetzt der Spitzenkanditat der Landespartei Probleme. weil Sachen wie ” “Da trat in  ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ‘Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million'” in seinem Liederbuch sind.

Eine andere Gruppe sang in den 90ern Folgendes: Das ist kein Mensch, das ist ein Jud / frag nicht lang nach, mach ihn kaputt / das ist kein Mensch, das ist ein Aff`/ frag nicht lang nach, mach einfach „paff“  Hier zum Nachhören (aus der schon etwas angestaubten Doku “Wahrheit macht frei – 1991):

https://www.youtube.com/watch?v=Q5SE0HKbGEo&feature=youtu.be

Aus dem damaligen Umfeld sitzen jetzt 3 Männer in Ministerbüros (H.C. Strache, Rene Schimanek, Andreas Reichhardt) und ein weiterer ist Pressesprecher der Regierungspartei (Hubert Erhart) ist.

Eine andere Gruppe sang nicht selbst. Sie lauschte Texten wie “Mit 6 Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bis 6 Millionen Juden, da ist der Ofen an. […] Wir haben reichlich Zyklon B. […] Bei 6 Millionen Juden, ist noch lange nicht Schluss.”

Aus dieser Gruppe sind jetzt 3 Leute im Parlament (Martin Graf, Harald Stefan, Norbert Nemeth).

Denn wie heißt es so schön: Wo gesungen wird, da las dich nieder. Denn böse Menschen haben keine Lieder”. Oder wie Udo Landbauer noch vor kurzem sagte: “Das sind Volkslieder, die hier vorkommen. Dazu steh ich auch. Und das sind keine bösen Lieder,… das sind einfach Volkslieder, wo ich auch meine,… das sollen auch unsere Jungen wieder lernen.”

Darum wird in 2 Wochen die Aufregung verschwunden sein, die braune Soße bleibt aber.