Der Faschismusversteher

Donnerstag. Endlich wiedermal ein Tag ohne Lohnarbeit, ohne Termine im Terminkalender. Sicher, am Abend geht es zur Menschenkette gegen die kommende rechtsrechte Regierung. Aber bis dahin – frei. Also nichts wie raus. Auf zu einer Wanderung zur Hohen Wand.

Mein Wanderweg führt mich auch zur Engelbertkirche. Auch bekannt als „Dr.Dollfuß Gedächtnisstätte“. Dieser Name steht immer noch draußen an der Wand. Einmal mehr wundert es mich, dass dieser Ort der Huldigung des Austrofaschismus, des kleinen Bruders des deutschen Vernichtungsfaschismus, existiert. Immer noch existiert. Offensichtlich wird diese „Gedächtnisstätte“ gut gepflegt. Gut in Schuss gehalten. Gerade dieser Ort, wo ich mich freuen würde, würde er in Trümmer liegen, ist sauber, ordentlich, gut gepflegt. Ich werfe einen Blick in den Gedenkraum. Dort findet sich sogar ein Kranz. „Im Gedenken“, gespendet vom Bauernbund. Er ist nicht mehr ganz frisch, aber er ist da. Ich kann mir gut vorstellen, dass er jedes Jahr am 25. Juli, dem Todestag von Dollfuß, erneuert wird. Ich mach ein Foto, und setz schließlich meinen Weg fort.

Später, im Zug zurück nach Wien. Ich check die neuesten Nachrichten. Die ÖVP tritt nun auch offiziell in Regierungsverhandlungen mit der FPÖ. Das bisher bekannte Verhandlungsteam umfasst gerade mal sechs Personen. Oh, sieh einer an: Georg Strasser ist mit dabei. Seines Zeichens Präsident des Bauernbundes. Eben jenes Bauernbundes, die mit einem Kranz den kleinen Faschisten gedenkt.

Wie nennt mensch so eine Person? Die Präsident eines Vereines ist, in der zumindest Teile offensichtlich immer noch dem Austrofaschismus nachweinen. Eine Person, die Verhandlungen mit einer Partei, die faschistische Elemente aufweist, führt? Wie nennt mensch eine Partei, wo eine solche Person zum innersten Kern, zu den wichtigsten und mächtigsten Männer gehört? Faschismusversteher ist hier wohl die geringste Bezeichnung.