Solidarität mit der Anatolischen Föderation!

Im Moment wird wiedermal viel über den Mafiaparagraphen -§278- diskutiert. Grund dafür ist, dass die siebzehn Idiotäre unter diesen Paragraph angeklagt sind. Der Prozess hat heute begonnen. Viele Antifaschist*innen scheinen hin und her gerissen zu sein, ob sie nun diese Repression gegen die Rechten gut heißen sollen oder nicht. Immerhin waren vor einigen Jahren einige Menschen aus der linken Szene mit dem gleichen Vorwurf konfrontiert.
Aus meiner libertären Sicht ist die Sache klar: Staat, Polizei und Gerichte sind denkbar schlechte Bündnispartner im Kampf gegen Rechts. Sie zu akzeptieren heißt, eine hierarchisch höhere Ebene, die das Recht hat, über Recht und Unrecht, über Gefängnis und Freiheit, zu entscheiden. Das widerspricht meiner Vorstellung von einem guten Leben für alle eklatant. Und es hat gravierende Folgen: Die Gesetze und Praktiken, die gegen Rechte eingesetzt werden, werden genauso gegen andere Unbotmäßige eingesetzt. Wenn das Gericht das Recht hat, über Freiheit oder Gefangenschaft von Rechten zu entscheiden, dann hat es genauso das Recht, über Freiheit und Gefangenschaft von Linken zu entscheiden.

Und das geschieht gerade im Moment – leider großteils abseits der Öffentlichkeit und mit nur wenig Solidarität. Vorgeworfenen wird ihnen ziemlich wenig: Demos organisiert, bei der sie mit gleicher/ähnlicher Kleidung erschienen, Konzerte organisiert, Fußballturniere organisiert, etc. Alleine ist das nicht strafbar, aber das Ganze wird in die Nähe der DHKP/C gerückt. Und da diese als Terrororganisation eingestuft, werden Demos, Konzerte, etc. plötzlich Terrororganisation Auf juristischer Ebene sind die Parallelen verblüffend: Der gleiche Paragraph, die gleiche dünne Faktenlage und sogar die gleiche Anzahl der Betroffenen. Politisch liegen freilich Welten zwischen den beiden Gruppen. Die einen kämpfen für eine demokratische und antirassistische Welt in der Türkei und Österreich, die anderen wollen ihr elitäres Weltbild durchsetzen.

Leider ist es so, dass der Fokus -auch auf linker Seite- auf ziemlich auf die Identitären gerichtet ist, die Repression gegen die Anatolische Föderation geht ziemlich unter. Deswegen gibt es hier solidarische Grüße an die Anatolische Föderation!
An die Idiotären nur eine kleine Erinnerung: Egal ob ihr freigesprochen werdet oder nicht, es wird immer genug Leute geben, die sich euch und eurer menschenverachtenten Ideologie In den Weg stellen. Denn Antifaschismus bleibt Handarbeit!

Achja, das Konzert, von dem vorhin die Rede war, war von Grup Yorum, einer meiner Lieblingsbands. Vor allem ihr Lied vom Gezi Park „Direnişi İçin Söyledi“ ist einfach wunderschön. Ich will es euch nicht vorenthalten:

Seenotrettung überflüssig machen!

Letzten Samstag haben in dutzend Städten In Deutschland und Malta Aktionen gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung im Mittelmeer. Zu den Demonstrationen kamen überraschend viele Menschen. In Berlin wurde mit weniger als 1000 Aktivist*innen gerechnet, gekommen sind mehr als 10.000. Dennoch halte ich das Ganze für eine Zeichen der Brutalisierung unserer Gesellschaft.
Um das zu versethen, muss nur ein paar Jahre zurückgegangen werden. Damals, in den Jahren 2013 und 2014 (und es fühlt sich wirklich wie ein „Damals“ an, obwohl es nur ein paar Jahre sind. )gab es mehrere „Katastrophen“ im Mittelmeer. Es gab mehrere Boots“unglücke“ mit Hunderten Toten. Opfer waren Refugees. Wir weigerten uns, das als „Katastrophe“ oder „Unglück“ abzutun. Wir sahen darin eine Verbrechen der europäischen Politik. Mit einigermaßen moderenen Technik ist es möglich, das Mittelmeer gefahrlos zu befahren. Doch die Abschottungspolitik trieb viele Menschen in überfüllten Schlauchbooten und ohne ausreichend Treibstoff und Proviant aufs Meer.
Damsl gab es große Demos. Und es gab mehr. Es gab Menschen, die sich mit dem Sterben nicht abfinden wollten. Es war die Geburtstunde jener privaten Seenotcrews, die heute in die Kritik geraten sind.
Und sie sind nicht ohne Grund in Kritik geraten. Je mehr der Fokus auf sie gerichtet wird, desto mehr wird von dem Schicksal der Refugees im Mittelmeer abgelenkt. Die Schiffsunglücke schaffen es nicht mehr, in unser Bewusstsein vorzudringen. Sie sind eine Nachricht unter ferner liefen. Dadurch werden sie weniger und weniger Ergebnisse einer verbrechereischen Politik, sondern vielmehr: Unglücke, Katastrophen, unabwendbar, unvermeidlich, unveränderbar.
Und leider tragen auch manche der solidarischen Menschen zu diesem gedankengut bei. In einem vielgelobten Kommentar von Wolfgnag Leuf in der SZ, der den starken Untertitel „Es gibt plötzlich zwei Meinungen darüber, ob man Menschen, die in Lebensgefahr sind, retten oder lieber sterben lassen soll. Das ist der erste Schritt in die Barbarei.“ hat, vergleicht er die Seenot mit Verkehrsunfällen. Damit trägt er, obwohl er sich klar gegen die Kriminlaisierung der Seenotrettung ausspricht, seinen Teil zur Naturalisierung der Verbrechen bei.
Es ist mir wichtig, hier meinen Respekt all jenen zu zeigen, die sich in und rund um die Seenotrettung engagieren, zu zeigen. Vielen herzlichen Dank, und ich wünscht, ich könnte mehr tun, euch zu unterstützen. Es wäre bitter nötig.
Und mein Respekt gilt auch allen, die auf der Strasse, mit Spenden, mit Unterschriften, mit Artikeln, Veramstatungen etc. die Seenotrettung unterstützen uznd sich gegen die repression wehren. Lasst uns aber nicht vergessen, dass das größte Verbrechen ist, dass es diese private Seenotrettung überhaupt braucht!

Link
https://sz-magazin.sueddeutsche.de/abschiedskolumne/der-untergang-85837