Ein Blick zurück- Die Salzburger Demos gegen den WEF Gipfel 2001/2002

Morgen ist es soweit: Gipfel und damit auch Gipfelproteste kehren nach Salzburg zurück. Diesemal ist es der EU-Gipfel der Regierungsschef. Thema wird die Abschottung Europsa sein. Die Proteste sind stark antirassistisch geprägt. Damit werden bei einigen Erinnerungen an die Proteste gegen die WEF-Gipfel 2001 und 2002 wach werden.
Der Blick zurück hat immer etwas Gefährliches. Zu leicht wird die Vergangenheit verklärt, und damit die gute, alte Zeit gegen das Heute, wo ja eh nichts geht, ausgespielt. Da soll nicht Ziel dieses Artikels sein. Vielmehr soll es um eine lebendinge Geschichte gehen, und darum Traditionen (Kitschspruch: Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!)

2001
„Salzburg im Ausnahmezustand“. Das waren die Schlagzeilen vor den ersten großen Gipfelproteste. Und das war mehr als nur Angstmache. Die hieseige Linke hatte durch die Proteste gegen Schwarz-Blau Rückenwind, und international war die Anti-Globalisierungs-Bewegung auf ihren Höhepunkt. Es wurde ein „summer of resistance“ ausgerufen, der die Proteste von Göteborg, Salzburg und Genua verband.
Dementsprechend nervös war die Polizei. Die Demo am 1.Tag des Gipfels war verboten. Nur eine Kundgebung am Hauptbahnhof war erlaubt. Zu der kamen auch ca. 1000 Menschen, vor allem aus dem radikalen Spektrum. Dank des „Summerof Resistance“ war es eine durchwegs internationale Menge, die sich traf. Die Demo ließ sich logischerweise nicht verbieten, sie setzte sich Richtung Tagungsort in Bewegung. Die Polizei ließ sie anfangs gewähren. Sie nutze aber den Bahndamm, um die Konferenz zu sichern. Hinter dem Damm begann die Sperrzone. Die Durchgänge waren martialisch abgesperrt. Die Demo ließ sich davon aber nicht beirren. Sie suchte einfach andre Wege, und tatsächlich der dritte ode rvierte Durchgang war frei.
Ein Gerenne Richtung Kongresshaus setzte ein. In der Sperrzone stellte sich eine Gruppe Polizei im Weg. Daruf folgte ein kurzer, aber heftiger Bewurf. Die Polizei reagierte geschickt: Sie sah ein, dass sie unterlegen war; machte eine Unterwerfungsgeste und zog sich zurück. Die Demo stellte den Bewurf ein, drängte aber der Polizei nach. Das war leider ein Fehler. Plötzlich waren vorne und hinten WEGA, die Falle schnappte zu, und die Demo sass Stunden lang im Kessel. Der wurde immer enger gezogen, die WEGA ist regelmäßig rein und hat willkürlich Leute rausgezogen. Am späten Abend wurden alle (mit Ausnahme der SJ) oberflächlich kontrolliert und zum Bahnhof gebracht. Insgesammt gab es 11 Verhaftungen und 70 Anzeigen. Darunter war ein Mann vom Friedensbüro, der beim Versuch zu Vermitteln festgenommen wurde.

2002
Ganz anders die Situation 2002. Schwarz-Blau I war gerade gescheitert, es standen Neuwahlen vor der Tür (Es wurde schwarz-orange, welch große Verbesserung). Die Gipfeln wurden verschoben. Sie fanden in kleineren Orten und nicht mehr am Wochende statt. Und innerhalb der Anti-Globalisierungsbewegung setzte sich langsam die Erkenntnis durch, dass es taktisch klügere Entscheidungen gibt als den Mächtigen hinterherzureisen und von einem Großaufgebot von Polizei empfangen zu werden.
Ursprünglich wurde die Großdemo am Samstag verboten. Diesmal aber sprang das Salzburg Social Forum -dominiert von Attac &Co. -ein. Sie meldete eine Demo, welche vom Konferenzzentrum weg führte, an. Es war eben Wahlkampfzeit, und es gab ein Interesse an den alternativen Stimmen. Dabei sollten aber möglichst alle Bilder des Konfliktes und der Gewalt vermieden werden. Es wurde eine ereignislose Graoßdemo, an der ca. 5000 Menschen teilnahmen. Den Tag zuvor gab es eine antirassistische Demo, an der ca. 1000 Menschen teilnahmen. Beim Alternativgipfel diskutiuerten Vertreter (es waren nur Männer) von Attac und Wef miteinander. Hööhepunkt war ein Widerstandsfest im Volkspark, wo es mit Chumbawamba und der Volxtheaterkarawane auch radikale Gegenpositionen gab. Am Montag, als der gipfel began, demonstrierten nochmal 100 Menschen dagegen.

Anmerkungen
Das war der Blick zurück, die Berichte von gestern. Damit es aber nicht ganz so verstaubt wirkt, gibt es noch ein paar Anmerkungen.

Antirassismus ist wohl die thematische Klammer, die die kommenden und die vergangenen Proteste verbindet. In der klassischen Antiglobalisierungsbewegung wurde eine Verbindung von ökononmischer Ausbeutung und Migartion gesehen – so nach dem Motto „Kommen Sie nach Europa, ihre Ressourcen sind schon da.“ Der neoliberale Welthandel sorgt für offene Grenzen für Güter, für Menschen, die in den Norden wollen, hat er nur Stacheldraht und Mauern über. Durch neue inter-/transnationale Organsiationsformen (z.B. Peoples Global Action) gab es innerhalb der Protestbewegung für selbstorganisierte, antirassistische Strimmen Aufwind. Bei den „Gipfeltagen“ gab es meist auch eigene antirassistische Demos. Auch wen sich der Fokus geändert hat, jetzt die Seerettung im Mittelpunkt steht, das Thema ist gleich geblieben.

Eine ander Klammer ist die linke Kritik am Event – Charakter. Durch eine einmalige spektakuläre Konfontation mit der Polizei werden Bilder einer Größe und Radikalität herbeigezaubert, die die Bewegung (en) nie hat(ten). Gleichzeitig gibt es kaum ein Konzept, wie der steigenden Repression, die so sicher wie das Amen im Gebet bei den Gipfeln zuschlägt, begegnet werden kann. Im Vorfeld des Gipfels 2002 wurde das Vermummungsverbot bei Demos eingeführt – in der Zwischenzeit ist es so normal geworden, dass es zu einem Burkaverbot im öffentlichen Raum aufgeblasen wurde. Und manche Diskussionen, die nach dem g20-Gipfel in Hamburg stattfanden, gab es in ähnlicher Form 2002 auch schon. Immerhin gibt es Anzeichen, dass es bei den jetztigen Protesten besser wird. Es gibt zwei Gegengipfel mit einem ansprechendem Programm, es gibt die Einbettung in eine längerfristige „Seebrücke“-Kampagne. Hier gibt es auch ein positives Beispiel: Als die Volxtheaterkarawane in Genua 2001 verhaftet wurde, die damailge InnenministerIn sie als amtsbekannte Störenfreidas bezeichnete und der itlaienischen Folterpolizei half, gab es eine breite und lang andauernde Solidaritätswelle. Es war ein Mitgrund, warum sie später nicht Präsidentin wurde. Die Verfahren gegen die Karawane wurden 9 Jahre später (!) eingestellt. Solidarität und Sturköpfigkeit zahlen sich aus!

Und zum Abschluss muss noch die Mediennutzung erwähnt werden. Bei den Gipfeln gab es ein Convergence Center, eine Art kostenloses Internet Cafe. Kurz vor dem Gipfel 2001 ging austria.indymedia.org online. Das ganze diente dazu, Aktivist*innen Zugang zu den Medienkanälen zu geben, so Berichterstattung von unten zu ermöglichen und den Polizei- und Medienberichten etwas entgegen zu setzen. In den nächsten 10 Jahren (mit Unterbrechungen) war indymedia die wichtigste linke Medienplattform in Österreich.