Einmal mehr ist der ÖGB bei Kollektivverhandlungen im Liegen umgefallen. Für die Sparte der Gebäudereinigung stimmte er ohne Not einer drastischen Reduktion der Kündigungsfrist zu und ermöglicht so eine Hire & Fire – Praxis in der Putzbranche.
Die Putzbranche wurde durch Corona ordentlich durcheinandergewirbelt. Auf der einen Seite brachen durch Hotelschließungen etc. massiv Aufträge weg, andererseits gab es in Krankenhäuser etc. einen deutlichen höheren Reinigungsbedarf. Die Bosse wünschten sich bereits letztes Jahr, das Risiko durch diese Schwankungen auf die Arbeiter*innen abzuwälzen. Sie wünschten sich eine Kündigungsfrist von nur einer Woche statt bislang sechs Wochen. Schon jetzt beträgt der Durchrechnugszeitraum, in der die Arbeitszeit flexibel gestaltet werden kann, 9 Monate.
Letztes Jahr wurde die Forderung bei den Kollektivverhandlungen noch abgelehnt, doch dieses Jahr fiel die Gewerkschaft um. Ab 1.1. 2022 gilt für alle reinigenden Arbeiter*innen, die weniger als 3 Jahre bei der gleichen Firma sind, nur noch 2 Wochen. Die Kündigung kann täglich ausgesprochen werden. ÖGB ermöglichst somt Hire&Fire in der ganzen Putzbranche!
Die Gegenleistung dafür ist ziemlich mager. Es gibt ein Gehaltsplus von 3,5%. Der Reallohnverlust des letzten Jahres, als es eine Lohnerhöhung von 1,6% bei gleichzeitiger Inflation von 3,6% (Stand Oktober 2021) gab, kann damit nicht ausgeglichen werden. Auch der freiwillige (!) einmalige Coronabonus von €100,- (!) kann eher als Hohn denn als Zeichen der Wertschätzung verstanden werden.Einmal mehr zeigt sich, was das Klatschen wert ist.
Zum Abschluss sei noch festgehalten, dass es einen Arbeitskräftemangel gibt. Eine Gewerkschaft, die diesen Namen auch verdient, würde diesen Umstand nutzen, um Verbesserungen der Arbeiter*innen zu erkämpfen. Stattdessen nutzen Firmen ihre Chance, um eine Kürzung des Arbeitslosengeld zu fordern. Die linksliberale Zeitung „Der Standard“ gab im Oktober zwei dieser Firmen viel Platz für ihre Forderungen (1). Eine ist in der Vergangenheit wiederholt aufgefallen, da sie zu wenig Loh auszahlte (2).
Sinnvoller wäre es, wenn die Bosse vor ihrer eigenen Tür putzen würden. Oder besser noch: Sie können sich auch selbst wegputzen – und ihre gelben Gewerkschaftsfunktionär*innen gleich mitnehmen!
(1) https://www.derstandard.at/story/2000130389446/iss-oesterreich-chefbin-nicht-dafuer-dass-man-faulheit-unterstuetztRetour ligne automatique
https://www.derstandard.at/story/2000130419354/warum-arbeiten-wenn-ich-mit-arbeitslosengeld-mehr-bekommeRetour ligne automatique
(2) https://ooe.arbeiterkammer.at/service/broschuerenundratgeber/arbeitundrecht/B_2016_Schwarzbuch_Arbeitswelt.pdf Die Praktiken der Firma ISS, von der hier die Rede ist, finden sich auf Seite 11.