Baugeschichten

Das Baugewerbe ist ein hartes Pflaster. Es ist harte Arbeit, gefährlich, und schlecht bezahlt. So verwundert es nicht, dass die, die gesellschaftlich weit unten stehen, auf diese Arbeiten angewiesen sind. Es sind vorwiegend Menschen aus Ost- und Südosteuropa, die oft genug gezwungen werden, illegal zu arbeiten. Ich hab hier 5 Geschichten gesammelt, die schlaglichtartig die Situation beleuchten.

1., Die AUVA Unfallstatistik 2017
In einem Jahr starben 47 Menschen am Bau, 25 davon bei Arbeitsunfällen. Es gab insgesamt mehr als 17.000 Arbeitsunfälle, 6,1% der Arbeiter*innen hatte einen. Und das sind die Zahlen der AUVA, d.h. es wurden nur die Versicherten erfasst. Die Dunkelziffer dürfte demnach sogar etwas höher sein.

2., Prozess wegen Sozialbetrug
In Wien startet ein großer Prozess gegen Sozialbetrug. Es ist die übliche Geschichte: Menschen werden über Scheinfirmen angestellt, die schnell Pleite gehen. Steuern und Sozialversicherung werden so nicht gezahlt. Es profitiert vor allem der Bauherr. Dank der hohen Preise am Immo-Markt und der geringen Preise am Arbeitsmarkt können durch Verkauf und Vermietung hohe Renditen eingefahren werden.

3., Straffreiheit für Betrüger*innen
Es kommt noch besser. In Linz wurden die Akten über Sozialdumping und „Schwarzarbeit“ so lange liegen gelassen, bis sie verjährt sind. Ein ziemlich einfacher Weg zur Straffreiheit. Auch die Regierung ist bemüht, die Bauherrn möglichst ungeschoren davonkommen zu lassen. Die Strafen für Sozialbetrug werden gesenkt und mit einer niedrigen Pauschale bestraft. Hier gibt’s mehr Infos .

4., Wen interessiert es?
Das Interessanteste an dem Ganzen ist das öffentliche Nicht-Interesse. Der englische Ausdruck „Turning a blind eye“ trifft die Sache ziemlich genau. Linz ist ein lokaler Skandal. Die geplante Strafmilderung ist eine Meldung unter ferner liefen. Von den Ermittlungen und Prozess in Wien berichtet lediglich Der Standard. Es passt ja auch viel besser, wenn über die Armutsmigrant*innen geschimpft wird, die ja nur in unser Sozialsystem einwandern wollen. Dass es haargenau diese Leute sind, die die Drecksjobs für einen Scheißjob machen, das wird dann konsequenterweise übersehen.

5., Die Lösung: Selbstorganisation
Mensch muss in der Geschichte ziemlich weit zurückgehen, um radikal andere Verhältnisse zu finden. Um die Wohnungsnot nach dem 1.Weltkrieg zu lindern, haben Menschen legal, illegal Flächen besetzt und Siedlungen gegründet. Diese wurden gemeinsam geplant und aufgebaut. Und obwohl diese Eigenleistungen mit der Zeit weniger wurden, waren auch in den Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit zukünftige Mieter*innen verpflichtet, beim bau mitzuhelfen.

Weniger utopisch und mehr konkret: Hinschauen, informieren und solidarisieren ist notwendig! Wenn ihr mitbekommt, dass beim Dachgeschossausbau über eurer Wohnung, redet mit den Leuten, gebt ihnen Flyer von UNDOK . Auch in der Nähe von Großbaustellen sind Plakate der Organisation eine gute Idee. Sie können helfen, zumindest die ärgsten Formen der Ausbeutung zu bekämpfen.