Das BurnOut-Gespenst

Manchmal muss mensch sich selbst korrigieren. In meinem letzten Bericht schrieb ich folgenden Satz: Die Flexibilisierung der Arbeitszeit, der Mangel an Arbeitskräften genauso wie die gesteigerte Produktivität und die Burnout-Prophylaxe sind nicht viel mehr als rhetorische Figuren in diesem Klassenkampf. Nach dem letzten Streiktag, nach der öffentlichen Streikversammlung muss ich das korrigieren.

BurnOut war dort DAS Thema. Es wurde am öftesten auf Plakaten und bei Reden thematisiert, Es war DIE zentrale Legitimation für eine Arbeitszeitverkürzung. Das ist wenig verwunderlich: wahrscheinlich kennt jede*r, der/die zumindest ein Jahr in dem Bereich arbeitet zumindest eine Person, die den Job aufgrund von BurnOut hingeschmissen hat. Und wahrscheinlich hat jede*r, der/die schon länger dabei ist, an sich selbst schon erste Warnzeichen gespürt.

Die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung hat einen hohen symbolischen Wert. Den meisten Menschen bringt sie konkret nichts, da diese nur für Leute in Vollzeit gelten wird. Im Sozialbereich arbeiten aber mehr als 80% Teilzeit. Für sie bringt das Thema praktisch eher Nachteile. Die Arbeitnehmer*innen werden sich die Arbeitszeitverkürzung etwas kosten lassen, möglicherweise eine geringere Inflationsanpassung oder eine Erhöhung des Durchrechnungszeitraumes. Dennoch stehen die meisten Arbeiter*innen hinter der Forderung, ist es doch eine symbolische Anerkennung der Schwere der Arbeit.

BurnOut ist aber nicht nur eine persönliche Krankheit – oft genug wird es immer noch als individuelle Schwäche ausgelegt- sondern genauso Folge von ökonomischen Zwängen. Der Kapitalismus muss wachsen, sonst würde er untergehen. So werden auch mehr und mehr von unseren Beziehungen und unsere soziale Kontakte kapitalisiert. Die Folge: Der Sozialbereich wächst. Gleichzeitig wird aber durch das Mantra des Neoliberalismus der Staat, der nolens volens der größte Geldgeber ist, verschlankt. Als Folge davon machen sich mehr und mehr gewinnorientierte Firmen in dem Bereich breit. Auch Non-Profit-Organisation geraten unter Druck, und müssen „sparsam“ mit ihren Mittel umgehen. Für die Arbeiter*innen im Sozialbereich bedeutet das konkret: mehr Arbeit, mehr Druck bei gleichzeitig weniger Personal und weniger Handlungsspielräumen – ein perfektes Arbeitsklima für BurnOut.

Deutlich wird das beim Thema Krankenstand. Ich habe es zweimal bei verschiedenen Arbeitgebern erlebt, dass Menschen, die lange im Krankenstand waren, unter Druck gesetzt wurden, dass sie einer Kündigung zustimmen. Die Firma, für die du dich kaputt gearbeitet hast, lässt dich fallen wie eine heiße Kartoffel, du produzierst zu hohe Kosten. Von den MitArbeiter*innen gibt es dann wenig Solidarität. Die meisten sind froh, nicht mehr so oft einspringen zu müssen. Dadurch bleiben aber nicht nur die dahinter liegenden politischen, sozialen und ökonomischen Gründe unberührt, auch das Arbeitsklima ändert sich. Du wirst es dir zweimal überlegen, ob du in den Krankenstand gehst – bis du ausgebrannt bist, und einen längeren Krankenstand brauchst. Ein Teufelskreislauf!

Darum ist es wichtig Solidarität im Betrieb zu leben, um sich gemeinsam gegen kleinere und größere Zumutungen wehren zu können! Nur eine dieser Zumutungen ist die lange Arbeitszeit. Dennoch bleibt es dabei: Wir können uns was deutlich Besseres mit unserer Zeit machen als diese Art der Arbeit. 35 Stunden sind mehr als genug!

Zum Schluss kommt noch ein Kurzbericht des letzten Streiktages vom 27.Februar: Die zentrale Streikdemo startete vom Praterstern und ging zum Sozialministerium. Ca. 2500 Menschen, und damit deutlich mehr als geplant, nahmen daran teil. Im Vergleich zum letzten Streiktag war auch deutlich mehr Schwung zu spüren. Und obwohl es eine gewerkschaftsnahe Demo war, gab es doch einige kritische Zwischentöne. Ansonsten war eine der üblichen Gewerkschaftsdemos mit gefühlt hundertmal den gleichen Reden, holprigen Slogans, etc. Spannender waren wohl die dezentralen betrieblichen Versammlungen im Vorfeld. Die Streiks gehen weiter, da auch die nächste KV-Verhandlungsrunde nichts brachte. Es bleibt also spannend!
Dienstag, 10. März, 14:00 Platz der Menschenrechte