Ab 1.September gilt ein neues verschärftes Asylrecht, der 12-Stunden-Tag und ein Essensverbot in den U-Bahnen. Obwohl das Asylrecht einen viel tieferen Einschnitt in das Privatleben darstellt (Handydurchsuchung & Bargeldabnahme bei Antragstellung, Asylverfahren muss nach Möglichkeit selbst bezahlt werden), so muss ich gestehen, dass mich das Essensverbot deutlich mehr aufregt.
Das hat mit der Penetranz, mit der auf das Verbot hingewiesen wird zu tun:: pseudolustige Plakate (kriminelles Essen WTF???), pseudolustige Lautsprecherdurchsagen, große Piktogramme, Anzeigen bei der Abfahrtstafel etc. Ich hab aber auch ein prinzipielles Problem damit: Wegen einer Kleinigkeit (in meinen Augen ist das Essen in der U-Bahn überhaupt kein Problem, aber gut) wird da die Verbotskultur wieder ein Stück weit ausgebaut.
Verbote fördern autoritäres Handeln (jemand von oben befiehlt), sie verhindern selbstständiges, autonomes Denken und Handeln (wieso selber denken, wenn die Regeln eh vorgegeben sind), sie erschweren ein solidarisches Miteinander (es gibt jeden Menge Probleme im sozialen Miteinander. Die meisten lösen wir aber im direkten Kontakt ohne Polizei und Gesetze. Wenn Regeln dieses Ausdikutieren verhindern, so wird der Raum , wo solidarisches Miteinader entstehen kann, kleiner), sie treffen in erster Linie Marginalisierte (Wen trifft das Alkoholverbot in der U-Bahn? Die Gruppe Jugendlicher am Samstag Abend auf dem Weg zu einer Party? Oder den Verwahrlosten, der in der Früh erst nach einer halben Flasche Wodka zu zittern aufhört? Oder Campierverbot in der Stadt: Es gilt für alle, aber betroffen sind nur Obdachlose davon), schüren Angst (Er/sie ist bei Rot über die Ampel gegnagen, wer weiß, zu was er/sie sonst noch fähig ist????) und natürlich braucht es eine Armada Polizist*innen, Securities und vermehrt Aktivbürger*innen, die die diese Verbote übewachen.
Natürlich muss es gewisse Verbote geben. Selbst in einer perfekten, anarchistischen Gesellschaft (ein Widerspruch in sich) wird es Regeln und Gebote geben – nur müssen die eben stets von allen in der Gesellschaft neu verhandelt werden. Aber hier nehmen die Regeln, Verbote, Gebote von nahezu allen Seiten und in einem Ausmaß zu, das beängstigend ist. Und die bsolutee Mehrheit ist slebst von einfaschsten Mitgestalten ausgeschlossen. Zu den alten, fast schon klassischen „Liebe Gäste, bitte pssst!“, „Ballspielen verboten“ „Tauben füttern verboten“ kommen die neuen, scheinbar easy Verbote „Im Sinne eines guten Zusammenlebens bitten wir sie…“ „ Tatort Leberkäs“.
Manchmal denk ich, dass wie in einem Polizeistaat leben. Da gibt es normalerweise die Vorstellung von einem bzw. einer Gruppe Bösling(e) , die ganz oben alles regeln. Sie haben eine Truppe treu Untergebener Polizsit*innen, die alle Lebensäußerungen der Untergebenen kontrollieren, und allzeit bereit eingreifen können. Damit zusammen hängt eine romatische Vorstellung von Widerstand: Mensch trifft sich im Verborgenen, schreibt und verteilt streng geheim Flugblätter etc.
Das trifft offensichtlich für die Situation hier und jetzt nicht zu. Vielmehr hab ich das Gefühl, dass es ein Polizeistaat aus Langeweile ist: aus politischer Indifferenz und Verdrossenheit, aus der Unfähigkeit, sich den Problemen der Gegenwart und der Zukunft zu stellen. Die Antwort der verscheidenen Parteien ist stets gleich: Mehr Verbote, mehr Polizei! Mal ist die Rhetorik verbissen und scharf, mal sanft und pädagogisch. Das Ergebnis ist stets das gleiche: Der Ausbau der Verbotskultur.
Und das Tragische an diesem Polizeistaat aus Langeweile: Es ist ein langweiliger Polizeistaat. Auch der Widertstand ist langweilig. Es darf ja alles gesagt und geschrieben werden. Nur müssen die Worte folgenlos bleiben. Die Wörter haben keine tiefere Bedeutung mehr, sie sind beliebig austauschbar. „Revolution“ ist eine neue Skimarke, die Sparkasse macht Werbung mit Wagenplätzen und über allen lächelt Che Guevara von tausenden neuen Artikeln. So dürfen und können den Worten keine Taten folgen.
Den Worten wieder Bedeutugn geben, das ist nicht leicht, aber es ist möglich. Es ist möglich, wenn wir für unsere Bedürnisse wieder einstehen. Wenn wir uns nicht verbiegen lassen. Über kurz oder lang bedeutet das einen Zusammensatoss mit der Staatsmacht. Weil aber die außerparlamentarischen Alternativen schwach sind, bleibt es ruhig und langweilig im Verbotsstaat.
Ich mag den Artikel nicht ganz so fatalistisch enden lassen. Deswegen gibt es hier am Ende ein fettes Props, an alle, die die Vebrote unterlaufen; die, dagegen ankämpfen, und die im alltäglichen Leben versuchen, Alternativen zu schaffen. Und das sind zumindest hier in Wien gar nicht so wenige!